Wer sagt denn, dass sich nur Action-Filme aus den Achtzigern und frühen Neunzigern remaken lassen? Zwar haben die Standards für aufregende Stunts und Feuerwerke in den letzten 20 Jahren einen dramatischen Wandel vollzogen, was eine 21th Century Verjüngungskur mit Sorgfaltsanspruch zu einer technisch und erzählerisch kniffligen Sache macht. Ich gucke in eure Richtung, „Total Recall“ und „RoboCop“! Aber bei der soliden musikalischen Grundlage eines Kultmusicals wie „Annie“ von 1982 kann doch eigentlich nichts schiefgehen, oder? (Diese Fangfrage habt ihr schon drei Meilen gegen den Wind gerochen, stimmts?) Die Grundpfeiler sind alle vorhanden: Auch in der 2015er Version steht das elternlose Kind Annie (Quvenzhané Wallis) im Mittelpunkt, dass zusammen mit anderen Mädchen bei einer grauenvollen Pflegemutter lebt und durch Zufall/Glück/Schicksal/Gottes Einwirken in das Leben eines Superduperreichen (Jamie Foxx) gerät, der Mr. Stacks heißt und gerne Bürgermeister von New York City werden will, weil, wer will das nicht? Zu Promozwecken überreden ihn seine Berater/Assistenten Grace (Rose Byrne) und Guy (Bobby Cannavale) dazu, Annie bei sich aufzunehmen und ihr die Schönheit der Welt zu zeigen, aka alles, was man für Geld kaufen oder zumindest mieten kann. Die Tatsache und freudige Feststellung, dass hier doch tatsächlich die zwei ursprünglich käseweißen Hauptrollen nun von zwei afroamerikanischen Schauspielern übernommen wurden, entpuppt sich nach einem anfänglich freudigen Schreck doch bald als die einzig nennenswerte Neuerung, die nicht total nach hinten losgegangen zu sein scheint. (Abgesehen davon, dass die beiden trotzdem die zwei afroamerikanischen Schwäne in einem Teich voller weißer Enten sind [Warum denn nicht all-black oder wenigstens 50/50, Regisseur Will Gluck? {#thewire}]) Die großteilig kultigen Musical-Songs wie „Tomorrow“ und „It’s the Hard Knock Life“ wurden mit diversen Beats und Synthesizertönen gerevamped und wirken in mindestens der Hälfte der Fälle peinlich modern. 100% peinlich modern sind in jedem Fall die Hyperhightech-Gadgets in Mr. Starks – ähm ich meine Mr. Stacks Firma/Wolkenkratzer, das ständige Rumgefummel mit Smartphones & Co. sowie die exzessive Einbindung von sozialen Medien in das, was Regisseur Will Gluck für die Handlung gehalten hat. Denn wie so viele Blockbuster und Möchtegernblockbuster entscheidet sich auch Annie an beinahe jeder Weggabelung dazu, lieber das zu wählen, was die Geschichte cooler macht, anstatt sie zu erden. Zwar gibt es die obligatorisch sentimentalen Szenen über die Waisenhaftigkeit von Annie und die geteilte Einsamkeit des Schwervermögenden Mr. Stacks, doch werden diese Impulse erstickt durch Kitsch und die größte Luxus-Materialschlacht seit „Der große Gatsby“. Annie im Jahr 2015 ist kein Mädchen, das entgegen ihres schweren Loses voller Lebensfreude ist, sondern das gelernt hat, in den richtigen Momenten zu Klagen und in der nächsten Sekunde wieder Zuckerwatte im Helicopter zu naschen.
Filmverleih: Columbia Pictures
Annie wird die fetteste Sweet16 Party aller Zeiten haben!!… wenn saie sich nicht vorher den Hals auf den Marmortreppen ihres Bettes bricht…