Eine neue Freundin

EineneueFreundinBis vor zwei Jahren konnte ich mit dem französischen Regisseur François Ozon wirklich nichts anfangen. Im Gegenteil: Seine Filme „Swimming Pool“ und „Ricky“ und dabei insbesondere deren Charaktere nervten mich regelrecht. 2013 geschah dann Erstaunliches: Ein einziger Film namens „Jung & schön“ vermochte es, mich mit Ozon zu versöhnen. Entsprechend ambivalent waren die Gefühle im Vorfeld seines aktuellen Werkes: Eine neue Freundin. Rückfall in alte Zeiten oder Bestätigung der guten Form? Auch wenn „Eine neue Freundin“ etwas schwächer ist als „Jung & schön“, so gilt doch eindeutig letzteres. Im Mittelpunkt steht diesmal die Mittzwanzigerin Claire, die ihre seit Schulzeiten beste Freundin Laura verloren hat. Mit diesem Verlust ist sie allerdings nicht allein, denn Laura hinterließ auch einen Mann (David) und eine Tochter. Claire, selbst verheiratet, versprach ihrer besten Freundin, sich um David und das Kind zu kümmern. Als sie David besuchen möchte, findet sie ihn in ungewohntem Zustand vor: geschminkt, mit blonder Perücke und in den Kleidern von Laura. Zunächst gibt sich Claire angewidert, dann interessiert und schließlich taucht sie gemeinsam mit David beziehungsweise Virginia, wie sie ihn/sie später nennt, in ein Spiel um sexuelle Identität und verborgene Geheimnisse ein. Auch wenn das Thema nicht das „Skandalpotential“ von Ozons Vorgängerfilm besitzt, in dem er sich mit der Frage beschäftigte, wie normal es sein kann/sollte, wenn sich eine noch nicht ganz volljährige Frau prostituiert, geht es auch diesmal um Dinge, die in breiten Teilen der Gesellschaft leider noch als Tabu gelten. Ozon legt es aber nicht darauf an, mit aufklärerischem Eifer voranzugehen und die intoleranten Spießer zu verdammen, sondern nimmt seine Charaktere ganz einfach ernst und setzt voraus, im Publikum moralisch Gleichgesinnte vorzufinden. David kleidet sich gern wie eine Frau. Und für Claire war Laura womöglich mehr als nur eine beste Freundin. So what? Unaufgeregt und oft humorvoll mit (überkommenen) gesellschaftlichen Moralvorstellungen spielend („Warum hast du ihm gesagt, ich sei schwul?“ – „Das ist weniger schlimm.“), schickt er Claire, David und Virginia auf eine spannende Suche nach sich selbst. Das ist im Großen und Ganzen recht vorhersehbar und wirkt manchmal auch etwas ziellos. Vor allem dank der großartigen, schwer durchschaubaren Darsteller und Ozons sicherer Regie (die ersten wendungsreichen zehn Flashback-Minuten sind famos) ist „Eine neue Freundin“ dennoch unterhaltsam und insgesamt sehenswert.

 

Filmplakat: Weltkino

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