Der junge Mann packt seine Koffer, steigt ins Auto und lässt alles andere, was ihm bislang wichtig war, zurück. So geschehen am Ende von Richard Linklaters Coming-of-Age-Epos „Boyhood“. Sein neuer Film, die College-Komödie Everybody Wants Some, setzt genau an diesem Punkt im Leben eines Heranwachsenden an. Diesmal dreht sich alles um den Baseballspieler Jake (Blake Renner), der drei Tage vor Beginn der Vorlesungen in einer für ihn neuen Stadt ein von mehreren Teamkollegen bewohntes Haus bezieht. Er scheint schüchtern und erweckt deshalb das Interesse der Performance-Künstlerin Beverly (Zoey Deutch). Nebenbei genießen Jake und seine neuen Freunde ein Leben ohne Aufsicht und Grenzen, das vor allem drei Werte kennt: Party, Frauen und Alkohol. Mag „Everybody Wants Some“ zwar inhaltlich dort anknüpfen, wo „Boyhood“ endete, erinnert alles andere doch eher an Linklaters „Dazed and Confused“ aus dem Jahre 1993. Im Mittelpunkt stehen junge Menschen an der Schwelle zum Erwachsenenalter, die Stimmung ist eher gelöst als melancholisch und statt eine – über Jahre gestreckte – Geschichte zu erzählen geht es Linklater nun wieder darum, anhand eines Zeitraums von wenigen Tagen spürbar zu machen, wie sich seine Protagonisten in einer bestimmten Phase ihres Lebens fühlen. Dass ein Arthouse-Publikum diese häufig ziemlich plump handelnden jungen Männer zunächst womöglich eher unsympathisch finden wird, nimmt Linklater dabei in Kauf. Die Kunststudentin Beverly und ein mit Jake befreundeter Anarcho-Punk – zwei Personen, denen ich mich deutlich näher fühle als den Macho-Baseballern – dringen später in diese Kreise ein. Finnegan (Glen Powell), einer der Baseballspieler, denkt nicht lange über die Unterschiede und Vorurteile nach, sucht den Kontakt und hat Spaß dabei. Vielleicht ist „Everybody Wants Some“ auch ein Plädoyer dafür, über das Denken und Verbleiben in den eigenen Milieus hinwegzukommen. Die authentischen und am Ende zum großen Teil liebgewonnenen Charaktere sind bei diesem Versuch eine wichtige Hilfe.
Filmplakat: Constantin