Die Wachowski-Geschwister sind eine absolute Ausnahmeerscheinung in Hollywood. Mit ihrer „Matrix“-Trilogie scheffelten sie so viel Kohle, dass sie seitdem offenbar Narrenfreiheit genießen und einen kommerziellen Flop („Cloud Atlas“) nach dem anderen („Speed Racer“) abliefern dürfen. Mit den Budgets in dreistelliger Millionenhöhe dürfte nun aber Schluss sein. Erst wurde Jupiter Ascending im vergangenen Sommer wenige Wochen vor Kinostart wegen angeblich aufwändiger Post-Production mal eben um ein halbes Jahr nach hinten geschoben und nun wurden Kritiken mit einer Sperrfrist bis wenige Tage vor Filmstart belegt – beides keine sonderlich guten Zeichen. Die Skepsis dürfte daher rühren, dass es schwierig werden wird, für „Jupiter Ascending“ die richtige Zielgruppe, über einen bestimmten Nerdkreis hinaus, zu finden. Was schade ist, denn wie schon bei den teils heftig kritisierten Vorgängerfilmen liefern die Wachowskis meiner Ansicht nach auch diesmal ambitioniertes, unterhaltsames und manchmal beeindruckendes Blockbusterkino ab, das sich von anderen Filmen dieser finanziellen Größenordnung deutlich unterscheidet. Der Ideenreichtum bei der Bebilderung der Geschichte, in der der außerirdische Ex-Söldner Channing Tatum die zukünftige Königin des Universums Mila Kunis durch fremde Welten begleitet und vor mörderischen Angriffen schützt, scheint keine Grenzen zu kennen. An den verschiedenen Planeten, Waffen, Kostümen, Gestalten und Räumen kann man sich kaum satt sehen. In den großen Actionszenen, insbesondere der ersten (über den Häusern) und der letzten, sorgt vor allem die Kameraführung für spannende Momente. Kunis und Tatum sind vielleicht nicht die ideale Besetzung (und für die Vermarktung des Films vielleicht sogar eine eher schlechte), machen ihren Job aber solide und haben eine gute Chemie. Das einzige wirklich große Problem an diesem Film heißt: Story. Denn die hat nichts zu bieten, was man nicht schon zur Genüge kennen würde. In der ersten Stunde, in der „Jupiter Ascending“ dank seiner wilden Mixtur aus Fantasy, grandioser Optik, „von der Tellerwäscherin zur Herrscherin über das Universum“-Geschichte und teils sehr grotesk-mainstreamfeindlicher Szenen auf dem Weg zu einem „Kultfilm“ scheint, fällt das nicht weiter auf. Doch die reizvolle Ausgangsidee bleibt auf halber Strecke stehen und verläuft sich dann in Richtung der üblichen Erzählungen von Liebe, Versprechen und Verrat. Die Charaktere wechseln die Schauplätze nach dem Zufallsprinzip und nur eines ist gewiss: Dass Channing Tatum auch beim achtzehnten Mal in allerletzter Sekunde zur Stelle sein wird. „Jupiter Ascending“ wird wohl weit am Massengeschmack vorbei gehen und vermutlich auf absehbare Zeit der letzte Film bleiben, in dem die Wachowskis mit einem Budget zwischen 100 und 200 Millionen Dollar hantieren dürfen. Auch wenn es vielleicht der schwächste der Post-“Matrix“-Filme sein mag, wäre das schade. Die Wachowskis drehen Filme, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen, wobei nicht klar ist, ob das die Vergangenheit, die Zukunft oder gar irgendeine Parallelwelt meint. „Visionär“ ist ein so oft benutztes Wort für die Regisseure großer Hollywoodfilme. Die Wachowski-Nerds sind trotz aller erzählerischen Mängel vielleicht die Einzigen in diesem Bereich, die diese Bezeichnung wirklich verdient hätten.
Filmplakat: Warner Bros