War das wirklich sinnvoll? Eine weitere Verfilmung der Coming-of-Age-Geschichte „Das Dschungelbuch“ aus den Jahren 1894/95 beziehungsweise ein Quasi-Remake des gleichnamigen Kinder- und Zeichentrickfilmklassikers aus dem Hause Disney von 1967 zu machen? Ja, das war es! Die bis dato letzte Realverfilmung von Stephen Sommers handelte weniger von den Bewohnern des Dschungels als von Menschen, genauer gesagt von sich liebenden Menschen. Seitdem sind mehr als 20 Jahre vergangen, in denen sich die technischen Möglichkeiten rasant weiterentwickelt haben. Die nunmehr animierten Tiere wirken unfassbar realistisch und machen The Jungle Book schon jetzt zu einem Favoriten für den Effekte-Oscar. Doch das allein ist es nicht, was diese Neuverfilmung so sehenswert und wichtig macht. Es ist vor allem das Plädoyer für Werte, die heute so umstritten scheinen wie schon lange nicht mehr: Vielfalt, Toleranz und das Recht eines jeden Individuums auf Freiheit und Wohlergehen. Der Schurke dieses Films – der Tiger Shere Khan – diskriminiert und grenzt aus. Sowohl in Europa (und hier beileibe nicht nur am rechten Rand) als auch im Produktionsland USA sind aktuell politische und gesellschaftliche Kräfte am Werk, die ähnlich handeln. Wenn ein solcher Film, der sich speziell auch an Kinder und Jugendliche richtet, dagegen ankämpft – ob bewusst oder unbewusst – ist dies nur zu begrüßen. Richtig unterhaltsam, humorvoll und bewegend wird „The Jungle Book“ folgerichtig dann, wenn der antiautoritäre und hedonistisch veranlagte Bär Balu die Bühne betritt. Leider ist nicht zu übersehen, dass der Film unter einigen dramaturgischen Schwächen leidet. So spannend und atmosphärisch der Konflikt zwischen Mowgli und Shere Khan zunächst aufgebaut wird, so belanglos ist er mit zunehmender Dauer. Stattdessen scheinen die Macher darum bemüht, so viele bekannte Charaktere wie möglich einzubauen. Insbesondere der Handlungsstrang um den Affenkönig Louie wirkt überflüssig. Die Art und Weise, wie Mowgli anschließend zum eigentlichen Kernkonflikt zurückgetrieben wird, ist zudem arg konstruiert. Kleiner Tipp: Selbstverständlich ist die Originalfassung mit den Stimmen von Ben Kingsley, Bill Murray, Scarlett Johansson und Christopher Walken der deutschen Synchronisierung vorzuziehen.
Filmplakat: Walt Disney