Wem auf dieser grünen Erde entlockt man heutzutage kein Augenrollen und erschöpftes Seufzen, wenn von pubertierenden Menschen und sinistren Schattenwesen wie Vampiren oder Werwölfen erzählt wird? Selbst ein Großteil der Zielgruppenteenager dürften dem Nachtschwärmerkult, den Stephenie Meyer mit ihrer „Twilight“-Reihe ausgelöst hat, inzwischen überdrüssig sein. When Animals Dream beweist jedoch, dass das Thema weder auserzählt, noch auf flache Jugendromanzen mit Gefahrenzuschlag beschränkt ist. Jonas Alexander Arnby erzählt in seinem Regie-Debüt die Geschichte der introvertierten, 19-jährigen Marie (Sonia Suhl), die mit ihrem lakonischen Vater (Lars Mikkelsen) und ihrer geistig behinderten Mutter (Sonja Richter) in einem abgelegenen Städtchen an der Küste Dänemarks ihr Dasein fristet. Trotz ihres Alters sieht sie sich genauso wenig als Erwachsene oder Frau, wie sie auch schon lange kein Kind mehr ist. Sie lässt niemanden so richtig an sich heran und konzentriert sich darauf, ihrem Vater bei der Pflege ihrer Mutter zu helfen. Doch eines Tages verrät der Blick in den Spiegel, dass sie sich verändert. Kann das normal sein? Was geschieht mit ihr? Plötzlich steigen verborgene Gelüste in ihr hoch. Ihr Verhalten verändert sich. Nicht nur ihr Vater, sondern auch die Bewohner des Küstenstädtchens beobachten sie mit wachsendem Misstrauen. Eine vergleichbar geschickte, durchdachte und stilsichere Verbindung des Ominös-Animalischen mit heranreifender Weiblichkeit, von Horror und Coming-of-Age, gab es zuletzt in der Ginger Snaps-Reihe von Schöpfer John Fawcett vor über 10 Jahren zu sehen. „When Animals Dream“ bringt den von Ironie und Gore befreiten Schrecken auf die Bildschirme zurück, verbindet erneut Mythos und Menschlichkeit zu einer Parabel über das Frau-Werden und uns. Dieser Film ist ein Muss für alle Gruselenthusiasten, die schon längst gelangweilt sind von der Jump-Scare-Fließbandware, und mit Sicherheit einer der besten europäischen Filme von 2014.
Filmplakat: AlphaVille Pictures