A Most Violent Year

most-violent-year-big posterAbel Moreles befindet sich „between a rock and a hard place“, wie man so schön sagt. Oder genauer: between a rock and a hard place and another shitty hard rock. Abel – gespielt von einem längst überfälligen noch nicht Oscar-Nominee Oscar Isaac – baute seine Ölvertriebsfirma namens „Standard Oil“ mit eigenen Händen auf, setzte sich mit harter Arbeit und fairen Konditionen gegen die Konkurrenz durch und will nun ein Stück Land mit Zugang zum New Yorker East River, der seinem Unternehmen einen gewaltigen Geschäftsvorteil einbringen würde. Innerhalb von dreißig Tagen müssen er und seine Frau Anna, die von einer elektrisierenden Jessica Chastain gespielt wird, noch über 50% des zum Kauf benötigten Geldes von Investoren auftreiben, oder das Grundstück geht an die Konkurrenz. Derweil werden die Trucks von Standard Oil regelmäßig von Unbekannten überfallen, um das Öl zu stehlen, und sowohl Anna als auch Abels Mitarbeiter drängen ihn dazu, seine Saubermannmethoden abzuschwören und Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen. Zu allem Überfluss leitet der Staatsanwalt Lawrence (David Oyelowo) ein scheinbar haltloses Verfahren wegen diverser betrügerischer Vergehen gegen Standard Oil ein und bringt Abel noch mehr zum Kreiseln und Zweifeln und stetem Verzweifeln. A Most Violent Year von Drehbuchautor und Regisseur J.C. Chandor steht nicht nur der Tradition der großen Mafia-Filme des 20. Jahrhunderts, deren verwandte Ästhetik und historischen Kontext er beschwört. Vielmehr scheint Chandor das ausgetüftelte Spiel der Unglücke und äußeren Drücke, die seinem Helden widerfahren, direkt aus dem Lehrbuch für griechische Tragödien entnommen zu haben. Chandor und seine umwerfenden Darsteller verschwenden keine einzige Szene an Nichtigkeiten, die nicht die stetig und schneller näher kommenden Wände um Abel, seine Familie und seine Firma deutlicher machen würden. Dabei löst sich „A Most Violent Year“ gleichzeitig auch aus der Tradition von „Der Pate“, „Die Unbestechlichen“ und Co., indem es sich trotz seiner parabellhaften Erzählweise doch von jenen schönen Mafia-Mythen frei macht und seine eigenen, existenzielleren und zugleich authentischeren Mythen erfindet. Die Gewalt in „A Most Violent Year“ ist nicht wirklich blutig – sie ist korrupt, sie ist psychisch, sie ist familiär, sie ist institutionell. Sie ist alltäglich und homerisch zugleich, wie die Kids zu sagen pflegen.

 

 

Filmplakat: A24

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