2013 war ganz okay, aber das geht noch viel besser. Ein Ausblick auf namhafte Regisseure, teure Blockbuster und mutmaßliche Gurken im Jahr 2014.
Januar
Einige Oscar-Kandidaten aus dem erweiterten oder engeren Favoritenkreis sind in Deutschland schon 2013 an den Start gegangen, darunter Gravity, Captain Phillips und Inside Llewyn Davis. Geballt kommen die Anwärter auf den Goldjungen jedoch traditionell erst zu Beginn des Oscar-Jahres. 2014 konkurrieren im Januar vier Bewerber für Auszeichnungen in den wichtigsten Kategorien um die Gunst des Publikums, darunter einer der beiden Topfavoriten: 12 Years a Slave.
Anders als noch im Jahr 2012, als Steve McQueens hoch gehandeltes Sexsucht-Porträt Shame bei den Oscars überhaupt keine Rolle spielte, sind ihm und seinem starbesetzten Sklaverei-Drama diesmal zahlreiche Nominierungen sicher. Als Beleg dafür mögen die sieben Golden Globe-Nominierungen dienen (Film, Regie, Drehbuch, Musik und drei Darsteller). In seinem dritten Spielfilm arbeitet McQueen zum dritten Mal mit Michael Fassbender zusammen. Dieser taucht diesmal jedoch lediglich in einer Nebenrolle auf und trifft dabei auf hochkarätige Altstars wie Brad Pitt und Paul Giamatti, den aktuellen Shootingstar Benedict Cumberbatch sowie zukünftige Hochkaräter wie Paul Dano oder Lupita Nyong’o, die für ihr Spielfilmdebüt gleich mit einer Globe-Nominierung bedacht wurde. Über den Durchbruch darf sich auch Chiwetel Ejiofor freuen, der den in Sklaverei gefallenen Protagonisten spielt und von den Kritikern in Boston und Washington als bester Hauptdarsteller des Jahres geehrt wurde.
Konkurrenz um den Darstellerpreis bei den Oscars droht ihm u.a. in Form der Herren Robert Redford, Bruce Dern und Leonardo DiCaprio.
Redford spielt die einzige und somit auch die Hauptrolle in All Is Lost, dem zweiten Werk von J.C. Chandor, dessen Erstling Margin Call – Der große Crash vor zwei Jahren fürs beste Drehbuch nominiert wurde. In All Is Lost gerät ein einsamer Mann in Seenot. Eine Prämisse also, die einen weitgehend dialogfreien Film verspricht (und in dieser Hinsicht einen weit radikaleren als den doch recht gesprächigen 127 Hours), mit mehr Spannung und charakterlicher Tiefe als das nervige Low-Budget-Projekt Open Water. Die New Yorker Filmkritiker haben Redford bereits zum besten Hauptdarsteller auserkoren.
Auch Nebraska-Hauptdarsteller Bruce Dern geht mit ordentlich Rückenwind ins Oscar-Rennen: Nachdem der 77-Jährige im vergangenen Jahr bereits in Cannes für seine Performance eines dement-alkoholkranken Vermeintlich-Lottogewinners geehrt wurde, verliehen ihm auch die Filmkritiker aus L.A. und das National Board of Review einen Award. Regisseur Alexander Payne ergatterte zuletzt mit dem nicht rundum gelungenen The Descendents einen Goldjungen fürs Drehbuch, so wie schon sieben Jahre zuvor mit der Perle Sideways.
Auch die Filme von Altmeister Martin Scorsese dürfen sich – blickt man einmal über Shutter Island hinweg – regelmäßig über zahlreiche Nominierungen freuen. Das dürfte nun bei seiner dreistündigen Exzess-Komödie The Wolf of Wall Street kaum anders sein. Ob es aber für wichtige Preise reicht, scheint in Anbetracht der Tatsache, dass TWoWS der Konkurrenz schon bei einigen Auszeichnungen den Vortritt lassen musste, eher fraglich. Zudem haben einige Mitglieder der Academy das Satirische an dem Werk wohl nicht verstanden und sind nun schlecht auf Scorsese zu sprechen. Könnte also gut sein, dass Leo DiCaprio, der schon zum fünften Mal mit dem Regisseur zusammenarbeitet, wieder leer ausgeht.
Interessant war der Januar bis vor Kurzem auch mit Blick auf die Oscar-Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“. Noch bis Mitte Dezember konnte sich etwa der israelische Beitrag Bethlehem Chancen auf eine Nominierung ausrechnen. Bethlehem thematisiert den Palästina-Konflikt und war beim nationalen Filmpreis mit sechs Auszeichnungen der große Gewinner. Gar als Mitfavorit auf den Sieg in dieser Kategorie galt der iranische Beitrag Le Passé. Schließlich inszenierte kein Geringerer als Asghar Farhadi, dessen Trennungsgeschichte Nader und Simin vor zwei Jahren jenen Preis einheimste. Für das National Board of Review ist Le Passé der beste Auslandsfilm des Jahres. Und die Jury in Cannes prämierte Hauptdarstellerin Bérénice Bejo als beste Schauspielerin. Beide Filme fanden sich jedoch nach der ersten Auswahlphase nicht auf der nun neun Beiträge umfassenden Shortlist wieder. Sowieso keine Chancen auf eine Nominierung hatte der Cannes-Gewinner für das beste Drehbuch A Touch of Sin. Der chinesische Regisseur Jia Zhang Ke erzählt darin vom durch die Globalisierung geprägten Alltag seiner Landsleute und einer Spirale der Gewalt. Für China ging aber ein anderer Beitrag – erfolglos – ins Oscar-Rennen.
Während die bislang für Januar genannten Filme als gut bis außergewöhnlich gut gelten und mehr oder weniger als Pflichtprogramm verbucht werden dürfen, sind bei den folgenden noch einige Fragen offen. Hält man Ausschau nach dem deutschen Film, bleibt man vor allem beim Trailer zu Staudamm hängen. Dieser verspricht einen ungewöhnlichen Ansatz zum Thema Amoklauf, weder aus Opfer- noch aus Täterperspektive, mit unverbrauchten Gesichtern, einer zarten Romanze und einer winterlichen, melancholischen Grundstimmung.
Das genaue Gegenteil darf man im Januar aus Hollywood erwarten, zumal so frühe Starts im Jahr eher ein Hinweis auf Wegwerfware sind. I, Frankenstein mit Aaron Eckhart in der Hauptrolle sieht nach schlimmstem CGI-Overkill aus, das Erinnerungen an den grottenschlechten Van Helsing weckt. Etwas mehr Bock macht da der Trailer zu 47 Ronin, dem siebten Film zum japanischen Volksmärchen, aber dem ersten aus Hollywood. Keanu Reeves gibt darin wieder mal den Auserwählten, der 47 Krieger in den Kampf gegen übernatürliche Wesen führt. Die ersten Kritiken lassen aber Schlimmes befürchten.
Wohl allenfalls erwähnenswert wegen der Globe-Nominierung für Hauptdarsteller Idris Elba wäre unter anderen Umständen der Start von Mandela: Der lange Weg zur Freiheit gewesen. Aufgrund des kürzlichen Todes von „Madiba“ wird dieser Film nun natürlich zusätzliche Aufmerksamkeit erregen. Der recht actiongeladene Trailer sieht jedoch nicht unbedingt danach aus, als hätte der Film das verdient.
Beitragsbild: American Hustle (Tobis Film)