Die Oscar-Nominierungen: American Hustle vs. Gravity vs. 12 Years a Slave

Anders als im Vorjahr könnte es dieses Jahr eine Oscar-Verleihung geben, an deren Ende ich sehr glücklich sein werde.

Okay, Argo und Life of Pi waren sicher gute Filme, wirkten aber auch durch und durch berechnet und harmlos. Noch schlimmer verhielt es sich mit dem meiner Ansicht nach auf ganzer Linie enttäuschenden Lincoln, der topnominiert ins Rennen ging (für den am Abend der Preisverleihung selbst aber glücklicherweise nur wenig zu holen war). Dieses Jahr gestaltet sich die Lage wohl etwas anders. Seien es die Filme, die ich schon gesehen habe, oder jene, die ich in den kommenden Wochen noch sehen werde – vieles davon, gerade die Top-Favoriten sehen deutlich aufregender aus als das, was 2013 um die wichtigsten Trophäen kämpfte.

Wer am Ende der 2014er Ausgabe als großer Gewinner des Abends jubeln darf, scheint derzeit noch ziemlich offen: Die meisten Nominierungen auf dem Konto haben American Hustle, Gravity (je 10) und 12 Years a Slave (9). Das war in etwa so zu erwarten. Besonders auffällig – aber auch nicht wirklich überraschend – ist, dass Gravity seine Nominierungen vor allem in technischen Kategorien wie Kamera, Tonschnitt oder Spezialeffekte sammelte.

Ende vergangenen Jahres – als 12 Years a Slave noch/schon/mal als Top-Favorit galt, hatte ich mich auf Gravity als Oscar-Triumphator festgelegt und angemerkt, dass die vermeintlichen Top-Favoriten manchmal bis zur Preisverleihung verbrannt sind und dann kaum noch etwas für sie zu holen ist. Bestes Beispiel war 2013 Zero Dark Thirty, der am Ende mit einem Oscar für den besten Tonschnitt abgespeist wurde, den er sich zudem noch mit Skyfall teilen musste. Ein ähnliches Schicksal könnte dieses Jahr 12 Years a Slave bevorstehen, der ja schon bei den Globes trotz siebenfacher Nominierung „nur“ als bestes Filmdrama ausgezeichnet wurde. Gerade in den Darsteller-Kategorien gibt es andere, die stärker favorisiert sind. Aber selbst ohne Auszeichnungen in diesen Kategorien könnte das Drama noch allerhand Siege davon tragen.

Im Moment sind wirklich viele Szenarien denkbar, das macht es so spannend. Einer der drei genannten Filme könnte richtig abräumen, allerdings könnten auch alle drei als strahlende Sieger dastehen, wenn eben Gravity die technischen Kategorien gewinnt, American Hustle vor allem bei den Darstellern punktet und 12 Years a Slave die Kategorien Bester Film, Beste Regie und beispielweise Bestes Kostüm holt. Die anderen sechs „Best Picture“-Nominierten  sind ohne größere Chancen, wobei ich mal nicht ausschließen möchte, dass The Wolf of Wall Street einen Überraschungscoup landet. Dass Martin Scorsese als bester Regisseur und Jonah Hill als bester Nebendarsteller nominiert wurden – was bei der Globe-Verleihung beides nicht der Fall war – lässt sich durchaus als Wink verstehen, dass TWoWS bei der Academy besser ankam als bei der Hollywood-Auslandspresse. Es ist wohl keine Phrase, wenn man prophezeit, dass die Oscar-Verleihung bis zum Ende spannend bleiben dürfte.

Als positive Überraschung wäre sicher noch Dallas Buyers Club zu nennen, der den beiden Darstellern Matthew McConaughey und Jared Leto kürzlich einen Globe einbrachte, und der nun auch als bester Film und für das beste Drehbuch nominiert wurde. Insgesamt kommt Dallas Buyers Club auf sechs Nominierungen und steht damit auf einem geteilten vierten Platz.

Allerdings gibt es auch einen eindeutigen Verlierer: Inside Llewyn Davis. Der sehr musikalische Coen-Streifen zählte für viele Filmkritiker zu den besten Filmen des vergangenen Jahres und landete auch in meiner Top10-Liste. Dass er bei der Oscar-Verleihung keine größere Rolle spielen dürfte, hatte sich in den vergangenen Wochen schon etwas angedeutet. Aber dass es nur in den Kategorien Beste Kamera und Bester Ton für Nominierungen reichte, ist schon sehr schade.

Sonstige Auffälligkeiten?

Das Hauen und Stechen in den Darstellerkategorien hat naturgemäß einige prominente Opfer gefordert. So hat es etwa für Oscar Isaac, Tom Hanks, Robert Redford, Joaquin Phoenix (alle Bester Hauptdarsteller), Emma Thompson, Kate Winslet, Greta Gerwig und Julie Delpy (alle Beste Hauptdarstellerin) nicht für Nominierungen gereicht. Besonders überraschend ist sicherlich das Scheitern von Mitfavorit Redford, dem Hauptdarsteller der One-Man-Show All Is Lost. Und besonders bitter aus „deutscher Sicht“: Die Nebendarsteller-Nominierung für Jonah Hill ging zu Lasten von Daniel Brühl (der im exakt gar nicht nominierten Rush, bei den Globes noch ein Bester Film-Nominierter, mitspielte). Alle anderen Globe-Nominierten in dieser Kategorie wurden auch für den Oscar nominiert.

Die drei amerikanischen Animationsfilme, die für den Globe nominiert waren, haben nun noch internationale Konkurrenz durch zwei sehr besondere Werke erhalten: The Wind Rises ist der letzte Animationsfilm von Hayao Miyazaki (Chihiros Reise ins Zauberland, Prinzessin Mononoke, Das wandelnde Schloss) und der Trailer zu Ernest & Célestine sieht einfach phantastisch aus. Ohne einen der fünf nominierten Filme gesehen zu haben ist das definitiv derjenige, der meine Sympathien hat.

Natürlich gibt’s auch wieder eine Trash-Nominierung, diesmal für Jackass: Bad Grandpa, der für das Beste Make-up nominiert wurde. Das ist jene Kategorie, die beispielsweise 2007 dafür sorgte, dass der Eddie Murphy-Streifen Norbit für alle Ewigkeiten mit „Nominiert für einen Oscar“ für sich werben darf. Apropos Trash: After Earth, Kindsköpfe 2, Lone Ranger, Movie 43 und der hierzulande eher nicht bekannte A Madea Christmas wurden bereits gestern bei den „Razzie Awards“ als schlechteste Filme 2013 nominiert.

Auf Seite 2 findet ihr einen extrem bösartigen Computervirus und die vollständige Liste der Oscar-Nominierungen. Verliehen werden die Auszeichnungen am 2. März.

Beitragsbild: Gravity (Warner Bros.)

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